Wann spricht die Gastroenterologin von Nahrungsmittelunverträglichkeit?
Eine Nahrungsmittelunverträglichkeit, auch Nahrungsmittelintoleranz genannt, zeichnet sich dadurch aus, dass bestimmte Bestandteile von Lebensmitteln nicht richtig verdaut oder über den Stoffwechsel verarbeitet werden können und dadurch zu Beschwerden führen. Die bekanntesten Nahrungsmittelunverträglichkeiten sind:
- Laktoseintoleranz
- Fruktoseintoleranz (Fruktose-Malabsorption)
- Histaminintoleranz
- Glutenunverträglichkeit
Typisch ist, daß nach dem Verzehr von bestimmten Nahrungsmitteln bei den Betroffenen Beschwerden auftreten. Milch- und Fruchtzucker, das Klebereiweiß Gluten, das in einigen Getreidearten vorkommt oder Histamin, welches z.B. in Käse, Thunfisch, Nüssen oder Rotwein enthalten ist, wird von den Betroffenen nicht gut vertragen. Ihre Lebensqualität wird durch die Nahrungsmittelunverträglichkeit zwar eingeschränkt, aber sie können damit gut leben, wenn sie die Ernährung entsprechend anpassen.
Schätzungen gehen davon aus, dass etwa jeder fünfte Deutsche an einer Nahrungsmittelunverträglichkeit leidet. Typische Symptome sind:
- Durchfall
- Blähungen
- Bauchschmerzen
- Gewichtsverlust
Auch Blutarmut, Müdigkeit, Gelenk- und Muskelschmerzen, Migräne und Nesselsucht können auftreten. Endgültige Klarheit, ob sich hinter diesen Beschwerden tatsächlich eine Nahrungsmittelunverträglichkeit verbirgt, kann nur eine Untersuchung bei Ihrer Fachärztin für Gastroenterologie bringen.
Wann liegt eine Fruchtzuckerintoleranz vor?
Fruchtzucker, auch Fruktose genannt, kommt in den meisten Früchten, aber auch in Gemüse oder Honig vor. Menschen mit einer Fruchtzuckerintoleranz können den Fruchtzucker nicht ausreichend aus dem Darm aufnehmen. Der verbliebene Fruchtzucker führt dann durch einen bakteriellen Abbau im Dickdarm zu Beschwerden. Patienten mit einer Intoleranz auf Fruktose können auch auf Saccharose (Haushaltszucker) reagieren. Viele verarbeitete Lebensmittel wie Wurstwaren, Milchprodukte aber auch Medikamente enthalten Zucker.
Die Symptome können von leichten Bauchschmerzen und Blähungen bis zu schweren Beeinträchtigungen mit kolikartigen Schmerzen, Kopfschmerzen, Müdigkeit, depressiven Zuständen und Schlafstörungen reichen. Ihre Gastroenterologin wird Sie deshalb ausführlich beraten und mit Ihnen zusammen abklären, welche Ernährung zu Ihnen passt.
In einem ersten Schritt wird sie Ihre Beschwerden genau analysieren und entsprechende Tests veranlassen (u.a. H2-Methan-Atemtest). Ein Ernährungstagebuch kann zudem wichtige Erkenntnisse liefern. Falls Sie unter einem Gefühl von ständigem „Gebläht sein“ leiden oder nach der Einnahme von Fruchtsäften, Obst aber auch Kuchen oder Eiskrem nach kurzer Zeit unter Beschwerden leiden, sollten Sie Ihre Gastroenterologin aufsuchen und sich abklären lassen. Abzugrenzen ist die hereditäre (angeborene) Form der Fruchtzuckerintoleranz, welche zumeist im Kindesalter diagnostiziert wird.
Wie äußert sich Laktoseintoleranz?
Ebenfalls um eine Zuckerunverträglichkeit handelt es sich bei der Laktoseintoleranz. Der Grund ist ein Enzymmangel. Damit Milchzucker im menschlichen Körper verwertet werden kann, muss er im Darm durch das Enzym Laktase aufgespalten werden. Wird zu wenig Laktase gebildet kann nicht genügend Milchzucker (Laktose) abgebaut werden. Der Zucker gelangt dann in den Dickdarm und wird dort von Bakterien verstoffwechselt. Blähungen, Durchfall und Übelkeit sind mögliche Symptome. Auch wenn eine Laktoseintoleranz nicht zu lebensbedrohlichen Situationen führt, kann sie große Einschränkungen mit sich bringen. Ein Ernährungstagebuch kann auch in diesem Fall hilfreich sein. Zur Bestätigung der Diagnose kann ein H2-Methan-Atemtest oder ggfs. ein Gentest heran gezogen werden.
Bestätigt sich der Verdacht auf Laktoseintoleranz wird Ihre Gastroenterologin mit Ihnen eine individuelle Ernährungsplanung erstellen.
Histaminintoleranz – Ursachen und Symptome
Rund 1-2% der Bevölkerung leiden an einer Histaminintoleranz. Frauen sind zu rund 80% betroffen. Sie ist sehr individuell und kann sich durch Symptome wie Husten, Fließschnupfen sowie Verdauungsbeschwerden, Kopfschmerzen oder Hautausschlägen äußern. Daher wird sie häufig nicht erkannt. Die Diagnose lautet oft Reizdarm oder auch Asthma.
Histamin erfüllt im Körper verschiedenste Aufgaben, angefangen bei der gefäßerweiternden Wirkung über den Schlaf-Wach-Rhythmus bis zur Lernfähigkeit. Es befindet sich in vielen Lebensmitteln. Wird es in großen Mengen aufgenommen kann es lebensbedrohlich sein. Daher schützt sich der Körper, indem er das Enzym Diaminooxidase bildet. Bei Menschen mit einer primären Histamin-Intoleranz ist der Histamin-Abbau durch eine mangelnde Enzymaktivität gestört. . Ursachen für eine sekundäre Histaminintoleranz können erhöhte Histamin Spiegel im Blut oder im Stuhl sein.
Eine Diagnosestellung ist aufwendig, erfordert Kontrollen und ggfs. eine aktive Mitarbeit des Patienten durch die Einhaltung einer Diät. Eine bewusste Ernährung sowie weitere unterstützende Maßnahmen können die Symptome rasch mindern.
Formen der Glutenunverträglichkeit – Zöliakie
Als Glutenunverträglichkeit bezeichnet man die Überempfindlichkeit des KörpersKörpers auf das in Getreide enthaltene Klebereiweiß Gluten.
Neueste wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass zwischen drei Krankheitsbildern unterschieden werden sollte, damit die richtige Form der Therapie gewählt werden kann.
- Zöliakie
- Weizenallergie
- Glutensensitivität
Bei der Zöliakie handelt es sich nicht um eine Unverträglichkeit, sondern um eine Art Autoimmunerkrankung. Durch das Klebereiweiß Gluten erfolgt eine fälschliche Aktivierung des körpereigenen Immunsystems, welche zu einer Entzündung des Dünndarms führt. Die Oberfläche des Dünndarms verkleinert sich und nimmt nicht mehr genügend Nährstoffe auf. Insbesondere Eisen, Zink, Folsäure, Kalzium und Vitamin D können nicht mehr ausreichend aufgenommen werden. Die sich daraus entwickelnden Mangelerscheinungen können insbesondere bei Kindern zu Wachstums- und Entwicklungsstörungen führen, aber auch zu chronischen Durchfällen. Eine Zöliakie kann mittels Antikörper-Bluttest und einer Dünndarmbiopsie zuverlässig festgestellt werden. Nach der Diagnose muss unbedingt eine glutenfreien Diät eingehalten werden, damit sich die Dünndarmschleimhaut regenerieren kann.
Bei einer Weizenallergie reagiert der Körper auf ein Eiweiß. Kinder sind öfter davon betroffen als Erwachsene. Symptome sind gereizte Haut und Atemwege. Die Allergie kann mit einer individuell abgestimmten Therapie abgemildert werden. Oft nimmt die Allergie während der Pubertät ab.
Die Glutensensitivität tritt unabhängig vom Alter auf. Sie kann sich in Durchfall, Bauchschmerzen, Blähungen und Übelkeit äußern Daneben berichten Betroffene aber auch über Müdigkeit, Kopfschmerzen, Konzentrationsstörungen und Taubheitsgefühl oder Kribbeln in Armen und Beinen. Daher wird oft die Diagnose Reizdarm gestellt.
Was Sie bei einer Nahrungsmittelunverträglichkeit selbst tun können
Hat Ihre Gastroenterologin eine Nahrungsmittelunverträglichkeit diagnostiziert, wird sie mit Ihnen zusammen individuelle Therapien festlegen. Dazu gehört auch der Verzicht auf bestimmte Lebensmittel.
In vielen Fällen ist jedoch nicht ein völliger Verzicht notwendig. So wird bei einer Fruktoseunverträglichkeit empfohlen nicht vollständig auf Fruchtzucker zu verzichten. Pro Tag sollten Sie aber nicht mehr als 10 bis 15 Gramm zu sich nehmen. Wenn Sie ihr Obst mit etwas Traubenzucker (Glukose) süßen, können Sie die Menge ggfs. steigern, da Glukose die Aufnahmen von Fruktose unterstützt. Es gibt Listen, welche den Fruktosegehalt von Obst und Gemüse ausweisen. Besonders viel Fruchtzucker enthalten Trockenfrüchte, Obstsäfte, Äpfel und Honig.
Bei einer Milchzuckerunverträglichkeit sollte entweder dauerhaft Milchzucker gemieden oder ein Laktasepräparat zu laktosehaltigen Speisen eingenommen werden. Viel Milchzucker (Laktose) ist in Milch, Quark, Sahne, Frischkäse und Schokolade enthalten, während Hartkäse praktisch laktosefrei ist. Inzwischen können Sie zahlreiche Produkte in den Supermärkten kaufen, die keine Laktose enthalten.
Gluten kommt in Weizen, Dinkel, Gerste, Hafer und Roggen vor und damit in sehr vielen Lebensmitteln. Bei einer Zöliakie müssen Sie komplett auf glutenhaltige Nahrungsmittel verzichten. Das heißt aber nicht, dass Sie kein Getreide essen dürfen. Backwaren aus Hirse, Mais, Reis, Buchweizen, Amaranth und Quinoa sind eine gute Alternative. In den Supermärkten sind inzwischen viele glutenfreie Produkte erhältlich.
Wer an einer Histaminintoleranz leidet, sollte je nach individueller Toleranzschwelle auf histaminhaltige Nahrungsmittel wie z.B. Thunfisch, Salami, reifer Käse, Tomaten, Spinat, Sauerkraut und Nüsse verzichten.
Ein Umdenken beim Einkaufen und Kochen ist deshalb in jedem Fall erforderlich.
Wie läuft ein Gespräch mit Ihrer Gastroenterologin ab?
Wie oben beschrieben, wird Ihre Gastroenterologin ein ausführliches Gespräch (Anamnese) mit Ihnen führen. Sie wird nicht nur Fragen zu Ihren aktuellen Beschwerden stellen, sondern auch zu Ihrer Krankengeschichte, wie z.B:
- Welche Beschwerden haben Sie?
- Seit wann bestehen die Symptome?
- Können Sie die Beschwerden genauer beschrieben, z.B. Zeitpunkt des Auftretens, Abhängigkeit von Situationen oder Nahrungsmitteln?
- Haben sich die Beschwerden verändert?
- Leiden Sie unter zusätzlichen Symptomen wie beispielsweise Atemnot, Hauterscheinungen oder Gewichtsveränderungen?
- Welche Erkrankungen sind in Ihrer Familie bekannt?
- Bestehen Vorerkrankungen ?
- Nehmen Sie aktuell Medikamente ein?
- Sind Ihnen Allergien bekannt?
Da selbst Medikamente an Unverträglichkeiten beteiligt sein können, ist es wichtig, dass Sie eine Übersicht aller eingenommenen Medikamente mitbringen. Um Sie bei der Erfassung zu unterstützen, finden Sie hier ein Muster Medikamentenplan.
Welche Untersuchungen können durchgeführt werden?
Je nach vorliegenden Beschwerden kommen unterschiedliche Untersuchungen in Frage. Ihre Gastroenterologin wird Ihnen erklären, welche für die bei Ihnen vorliegenden Beschwerden geeignet sind. Folgende Methoden können erforderlich werden:
- H2-Methan-Atemtest
- Bluttest
- Stultest
- Symptom- und Ernährungstagebuch
In einigen Fällen werden auch Medikamente verordnet.
Vorbeugung (Prophylaxe, Prävention)
Einer Nahrungsmittelunverträglichkeit können Sie nicht vorbeugen. Wenn die auslösenden Stoffe bekannt sind, sollten Sie diese von Ihrem Speiseplan streichen. Ihre Gastroenterologin berät Sie gerne dazu.
Prognose
Eine Nahrungsmittelunverträglichkeit kann nicht geheilt werden. Betroffene können aber gut damit leben, wenn sie ihre Ernährung entsprechend umstellen.
© CHHG